Mariensäule am Angerl

Muttergottes mit dem Jesuskind.
Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz von Hans Kroiss.

Den Abschluss der Unteren Hauptstraße bildet ein für Illmitz typischer Dreiecksanger, das sogenannte Angerl. Heute ein schön angelegter Park, dominierte früher ein kleiner Teich für das Geflügel und wohl auch für die Feuerwehr als Wasserspeicher diesen Platz. Nördlich des Teiches stand die Mariensäule, vor dem Haus Nr.57 (Gartner Martl), das früher das Gemeindeamt von Unterillmitz beherbergte. Eine detaillierte Karte von 1872 und ein Foto des Angerls aus dem Jahre 1931 belegen dies sehr deutlich.
   

  Die Steinfigur Maria mit dem Kind steht auf einer quadratischen, wuchtigen, abgetreppten Säule, in der eine Nische für eine Laterne eingearbeitet ist. Die von Kunsthistorikern als eher derb bezeichnete Statue stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und stellt Maria, das Jesuskind tragend, beide mit einer sogenannten Kürbiskrone, dar. Maria hält als weitere Insignie der himmlischen Macht ein Zepter in der freien Hand und das Kind die Weltkugel.
Die Datierung der Entstehung dieser barocken Skulptur lässt sich nach einem Fund im Marienwallfahrtsort Loretto bei Eisenstadt vor einigen Jahren leichter einengen. Dort fand man im Altar der Gnadenkapelle eine rituell geköpfte Marienfigur, der auch das Kind und das Zepter weggeschlagen worden waren. Die Statue weist frappante Ähnlichkeiten mit unserem Marterl auf und stammt aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Nahm man zuerst die Zerstörung der Madonna von Loretto durch die Türken auf ihrem zweiten großen Zug gegen Wien 1683 an, so weiß man heute nach genauen Untersuchungen, dass die Statue von radikalen calvinistischen Kuruzzen während des Rákóczi -Aufstandes (1703 – 1711) demoliert wurde.

In diesem letzten „Kuruzzenrummel“, angeführt vom ungarischen Großmagnaten Franz II. Rákóczi, ging es gegen den habsburgischen Absolutismus für ein weitgehend unabhängiges Ungarn, getragen vom ungarischen Kleinadel und deren Vasallen und Bauern.

Kuruzze kommt von Khurudzs als ungarische Entlehnung aus dem Türkischen und bedeutet „Aufständischer“. Das Wort hat also nichts mit „Kreuzträger“ (lat.: crux, crucis für Kreuz), wie manche Historiker noch glauben, zu tun, da das ungarische Wort für Kreuzzügler  „Keresztes“ heißt.


Foto: orf.at

Jedenfalls hielten sich während dieses Aufstandes zwischen 6.000 und 12.000 Freischärler im damaligen Komitat Wieselburg (Moson), zu dem auch Illmitz gehörte, auf und plünderten ganze Ortschaften. Durch diese Raubzüge und Drangsalierungen der Bevölkerung brach eine regelrechte Hungersnot aus und nach der Niederschlagung der Aufstände musste die habsburgische Regierung der Bevölkerung noch zehn Jahre hindurch große Steuerfreiheiten zur wirtschaftlichen Erholung gewähren. Unsere Madonna mit Kind kann also nur nach diesem „Kuruzzenrummel“ errichtet worden sein. Außerdem wäre sie von den marodierenden ungarischen Aufständischen  calvinistischen Glaubens wahrscheinlich auch zerstört worden, wie die Statue von Loretto.

Unsere Sandsteinstatue hielt aber den Witterungseinflüssen auch nicht stand, und so wurde sie 1996 generalsaniert, Kronen, Zepter und Weltkugel vergoldet. Finanziert von Hilda und Hans Gartner als Anrainer zum Angerl und dem Marterl der Muttergottes.