Stranz-Kreuz

Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz von Hans Kroiss

Am Triftweg von Illmitz nach Norden zu den ehemaligen Hutweiden, kurz nach der „Zweɐrɐst-Trift“, die nach Osten Richtung Zicklacke durch das heutige Gewerbegebiet führt, steht etwas versteckt in der Einbuchtung eines Heckenzaunes das Stranz-Kreuz.

Auf einem quadratischen Treppenpostament steht eine wuchtige, gedrungene Säule mit einer Deckplatte, auf der sich die gebückte Statue des kreuztragenden Christus befindet. Die Inschrift auf einer Granittafel an der Säule lautet: „Errichtet durch A. u. E. Stranz 1935.
Wer zu mir kommen will, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“
Der Standort dieses Marterls wurde sehr gut gewählt, nämlich an zwei Routen des Viehtriebs (Trift gehört zum Wortstamm von nhd.: treiben und bedeutet neben einer Weidefläche vor allem den Weg dorthin). Die  „Zweɐrɐst-Trift“ Richtung See ist gleichzeitig die alte Grenze zwischen Ober- und Unterillmitz. Das Wort kommt von mhd.: twer und twerch > zwerch für nhd.: quer und bedeutet eben einen Querweg.
Die Geschichte der Familie Stranz ist sehr interessant. Sind in den großen Auswanderungswellen vor dem 1. Weltkrieg viele Illmitzer nach Nordamerika emigriert, so war das Ziel nach dem Krieg vermehrt Südamerika, wie auch für den Adolf Stranz. Für die USA gab es damals kein Visum. 1927 fuhr er mit seiner Frau Elisabeth (geborene Schopf) via Bremerhaven nach Argentinien. Auf dem Schiff waren mehrere Auswanderer aus Illmitz, wie Familienmitglieder von Ganser, Vegh, Tschida (Tscholer) und Bierteich, alle aus dem armen Söllner Viertel.  Adolf Stranz fand Arbeit bei einem aus Deutschland stammenden Rosenzüchter in der Nähe von Buenos Aires.
In Argentinien wird diese Zeit bis zur Weltwirtschaftskrise das „Goldene Zeitalter“ genannt. Expandierende Viehzucht und Getreidebau verhalfen dem Land zu einer Großmachtstellung im weltweiten Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. 

Die Ehe des Adolf  Stranz blieb kinderlos und seine Frau Elisabeth hatte großes Heimweh. So zogen sie 1934 wieder zurück nach Illmitz und bauten sich mit dem Ersparten eine kleine landwirtschaftliche Existenz auf, auch schon mit Weingärten.
Dies wurde dem Stranz fast zum Verhängnis, weil er sich beim Spritzen mit der sogenannten Buckelspritze eine veritable Vergiftung zuzog, die fast letal ausgegangen wäre. Er vermeinte sich doch sehr firm im Umgang mit Fungiziden und Giften, die er ja auch in der Rosenzucht in Argentinien versprühen musste. Allerdings hat er sich wohl einmal mit der Konzentration der Mittel verrechnet, atmete viel von diesen selbst ein und vergiftete sich ungewollt. Er hat es überlebt. Zur schuldigen Danksagung ließ er 1935 eben dieses Marterl errichten.
Man erzählt sich, dass der Mann sehr fromm (Lästermäuler behaupten bigott) war und  jeden Tag  in die Kirche ging. Was lag ihm also näher, als nach seiner Genesung dieses Kreuz zu stiften.
1997 wurde das Marterl von Nachfahren der Familie Stranz (Alfred Tschida und Inge Michlits) generalsaniert. Der Familienname Stranz ist in Illmitz nur mehr als Vulgoname vorhanden und war ursprünglich ein Übername für eine lange, hagere Person. Im Mittelhochdeutschen erfuhr die Bezeichnung eine eher negative Umdeutung zu stranzen = sich faul ausstrecken oder auch aufschneiden, prahlen. Diese spätere, negative Konnotation darf man der Illmitzer Familie „Strɐounz“ beileibe nicht zumessen, vor allem nicht dem Stifter dieses Marterls mit seiner bewegenden Lebensgeschichte.

Die Stifter Elisabeth und Adolf Stranz