Urlauberkreuz oder Gangl-Kreuz

Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz
von Hans Kroiss

   

Die einst färbige Skulptur „Jesus nimmt Abschied von seiner Mutter“ stand ursprünglich auf einer hohen Säule und befand sich auf einer kleinen Wiese an der Apetlonerstraße neben der Weggabelung zu den Ackerln. Das Kreuz wurde im Zuge der Verbauung umgesetzt (vor das Haus Apetlonerstr. 49) und das Postament neu gestaltet.

Gestiftet wurde es von der Familie Mathias und Susanna Gangl im Jahre 1890. Bemerkenswert ist die Inschrift auf der Tafel, ein Zitat aus dem Alten Testament (Jeremias 2/III) als ein untröstliches Wehklagen.

Der Name Urlauberkreuz scheint ungewöhnlich, ist er aber nicht, da er für Bildstöcke in ganz Österreich vorkommt. Solche Kreuze, Marterl oder Kapellen wurden dort errichtet, wo sich die Pilger vor ihrem Aufbruch zur Wallfahrt versammelten. Meist wurden sie bis zu diesem Platz von ihren Angehörigen und anderen Dorfbewohnern begleitet und zu ihrer Pilgerreise dort verabschiedet. In Illmitz war es der Aufbruch zur Wallfahrt nach Frauenkirchen. Urlaub kommt aus dem mittelhochdeutschen urloup und ist die Substantivbildung von althochdeutsch irloubôn für „erlauben“. Die bäuerlichen Dienstboten mussten den Herrn um Erlaubnis für das Fernbleiben von der Arbeit zwecks einer Wallfahrt bitten. Eine zweite Bedeutung eröffnet sich im englischen leave (ags: lēafe) aus dem gleichen germanischen Wortstamm, das in der Bedeutung von „(Abgangs-) Erlaubnis“ zu „verlassen“ und „Abschied“ mutierte. In größeren Marktflecken und Städten mit hoher Gerichtsbarkeit durften sich die Delinquenten bei solchen Kreuzen von den Angehörigen verabschieden, bevor sie zur Richtstätte geführt wurden.

Die Familie Gangl* stiftete nicht nur dieses Urlauberkreuz, sondern verpflichtete sich auch, zu Fronleichnam einen der vier Altäre aufzubauen. Dies geschieht heute noch vor dem Haus in der Unteren Hauptstraße 12 (Maria und Franz Heiss).

*Ein Spross aus der Großfamilie Gangl, dessen Vater nach Apetlon heiratete, war der bekannte Prälat Michael Gangl (1885 – 1977). Neben seinem beruflichen Werdegang als Seelsorger vom Kaplan in mehreren deutsch-westungarischen Gemeinden, Feldkaplan im 1. Weltkrieg bis zum Domprobst in Eisenstadt war er ein sehr engagierter christlich sozialer  Politiker schon im Leitungsausschuss der CSP in Westungarn, Landtagsabgeordneter nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich, von 1923 bis 1934 Nationalrat und bis 1938 Mitglied des Ständischen Landtages als Vertreter der gesetzlich anerkannten Kirchen. In Eisenstadt wird eine Straße nach ihm benannt.