Der vierte Sonntag nach Ostern, an dem wir auch den Weltgebetstag um geistliche Berufungen feiern, ist zugleich der Sonntag des Guten Hirten. Ich möchte ihn heute einmal umbenennen in „Sonntag des glücklichen Schafes“. Hört sich blöd an? Nur dann, wenn ich eine schlechte Meinung von Schafen habe, wenn sie in meinen Augen dumm sind, treudoof; Herdentiere, mit denen die heutige Zeit, in der Individualismus und Selbstbestimmung einen hohen Stellenwert besitzen, nichts mehr anfangen kann. Doch machen Individualismus und Selbstbestimmung – so wichtig und unverzichtbar sie sind – immer glücklich? Immer sein eigener Herr sein zu wollen, heißt schnell, auf sich allein gestellt zu sein. Da lob ich mir, ein Schaf zu sein. Nicht weil ich unselbstständig bin und sein möchte, sondern weil ich eine Orientierung habe, auf eine Stimme höre, die mich ruft. Nicht um mich selbst kreisen, sondern dorthin gehen, wo ich Geborgenheit finde, Orientierung; wo ich Schaf sein darf, wie ich bin. Einen solchen Ort zu haben, macht glücklich. Und der Gute Hirte kennt diesen Ort und lädt mich ein: Seine Gegenwart. Die will ich suchen – nicht nur am Sonntag des glücklichen Schafes.
Quelle: Pfarrbrief.de; Foto: Michael Tillmann