Rotes Kreuz und Maria-Empfängnis-Säule

Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz
von Hans Kroiss

  

Es existiert nicht mehr, das Rote Kreuz als Grenzmarkierung an der Straße von Illmitz nach Apetlon. Auch alte Leute können sich nicht an ein Holzkreuz oder ähnliches, und das auch noch rot angestrichen, an dieser Stelle erinnern. Und doch sagt man heute noch zu dieser Gemarkung das Rote Kreuz. Jetzt steht ein Marterl neben dem Platz, kurz vor der Ortsgrenze zu Apetlon, die sogenannte Maria-Empfängnis-Säule, errichtet 1921 von der Familie Gartner, „ zu Ehren der  hl. Jungfrau Maria und zum Andenken an unseren unvergesslichen Sohn  Michael Gartner, welcher am 22. Sept. 1918 im 20. Lebensjahr im Spital Wippach in Krain an dem im Felde zugezogenen Leiden starb.“ 

Was hat es nun auf sich mit diesem Roten Kreuz, das zwar alle Illmitzer als Markierung kennen, aber schon lange nicht mehr steht?

Über Namen und Bedeutung gibt es mehrere Erklärungen, die alle stimmig sein können.

Fest steht, dass es viele Rote Kreuze in ganz Europa gibt, im Burgenland alleine 17. Das Wort „rot“ kann auch auf das althochdeutsche „ruota“ (Rute, Messlatte) zurückgehen. Im angelsächsischen Raum kennt man noch „rood“ als Maß für die Ackerlängenfurche. Man hat schon in vorchristlicher Zeit diese Ruten an Ortsgrenzen als Maßeinheit und Markierung aufgestellt. Einige Wissenschaftler meinen, dass diese Pfähle mit dem Blut von Opfertieren beschmiert wurden und so mit der Farbe Rot eine zweite, gleichklingende Bedeutung erhielten. Christliche Missionare haben diese Grenz- und Opferpfähle zu Kreuzen umfunktioniert, wobei das indogermanische Wort für Rute auch für das Kreuz genommen wurde: ‘Krist was on rodi, an galga gigista’ = Christus war an der Rute (Pfahl, Kreuz), auf den Galgen gestiegen (angelsächsisches Traumgesicht vom hl. Kreuz, um 800 n.Chr.).

Weitere Definitionen gehen davon aus, dass bei diesen Roten Kreuzen an der Dorfgrenze Rechtsbrecher an das Komitats- oder Landesgericht übergeben wurden.  Rot angestrichen wurden diese Kreuze als Grenzmarkierungen, um in der Landschaft von weitem sichtbar zu sein.

Mit ziemlicher Sicherheit hat man das verfallene Rote Kreuz in Illmitz nicht mehr aufgestellt, weil direkt an der Grenze auf Apetloner Seite eine Lichtsäule der Familie Munzenrieder errichtet worden war und auf der Illmitzer Seite die Maria-Empfängnis-Säule der Familie Gartner. Somit war die Grenzgemarkung auch ohne Rotes Kreuz gegeben.

Noch etwas zum Gartner (Tschidɐ-Hɐnsl) – Kreuz. Die Verkündigung des Dogmas von der „Unbefleckten Empfängnis“ lag erst einige Jahrzehnte zurück und die Meldungen über Marienerscheinungen bei Fatima 1917 waren noch frisch und gegenwärtig. Was also lag der strenggläubigen Familie Gartner näher, als ein kleines Marienheiligtum zu erbauen. Wunderschön neben der Statue auf dem Marterl ist das Relief des Erzengels Michael, des Namengebers des gefallenen Sohnes, das förmlich aus der schlanken Säule herauswächst.