Alte Friedhofskapelle

Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz von Hans Kroiss.

Neben den Wegkreuzen zählen natürlich auch unsere Kapellen zu den sakralen Denkmälern.

Sie existiert nicht mehr, die ehemalige Friedhofskapelle. Dennoch möchte ich in dieser Abhandlung davon berichten, zumal der Altar erhalten blieb und heute in der Aufbahrungshalle, volkstümlich Leichenhalle genannt, wieder aufgebaut wurde.
 
Der Grund des jetzigen Friedhofs wurde 1771 vom Fürsten Esterházy zur Verfügung gestellt, von der Gemeinde aufgeschüttet und 1778 eingeweiht. Der vormalige Friedhof im alten Dorf bei der Martinskirche südlich vom Kirchsee wurde aufgegeben.
Die Einfriedungsmauer war aus Sandstein und wurde erst 1924 komplettiert. Das schmiedeeiserne Eingangstor stammt aus dem Jahre 1928. Entlang der Wege gab es Thujenbäume, die bald zu groß waren und 1969 im Zuge einer  neuen  Gräberordnung entfernt wurden.

1970 kam es zu einem  neuen Landesgesetz über Bestattungswesen und Friedhofsordnung, anstelle des alten Stierstalles links vom Tor wurde 1972 eine Leichenhalle errichtet. Der Altar aus der abgetragenen alten Friedhofskapelle fand einen dominanten und würdigen Platz im neuen Aufbahrungs- und Gebetsraum. 1981 bis 1983 wurde der gesamte Friedhof generalsaniert und erhielt sein heutiges Aussehen. Die Leichenhalle wurde bald zu klein, auch größere Wasserschäden waren zu verzeichnen. So entschloss man sich zu einem Neubau, der 2008 unter der Illmitzer Baumeisterin Claudia Müllner abgeschlossen wurde.
Die alte Friedhofskapelle geriet zusehends in Vergessenheit, der originale Altar steht noch heute zentral  im jetzigen Gebäude. Allerdings fehlen zwei der ursprünglich vier anbetenden Engel. Während der Errichtung des Neubaus der Leichenhalle wurde der Altar in der alten Kirche unter der Orgelempore zwischengelagert. Bei dieser Wanderung entfleuchten diese beiden Himmelsgestalten wohl in höhere Sphären, oder sie tauchen irgendwann wieder auf dem Kunstmarkt auf.

„Gewidmet durch Käthe Gartner im Jahre 1928 / Heiligstes Herz Jesu, erbarme dich unser / und der armen Seelen im Fegefeuer“, war auf einer Tafel an der alten Friedhofskapelle zu lesen. Mitten auf dem breiten Weg vom Friedhofskreuz zu den Gräbern stand dieser eher schlichte Bau mit Satteldach. Im Giebel über dem Eingang befand sich eine Heiligenfigur (wahrscheinlich die Heilige Katharina) in einer Nische. Dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht, widmete die Stifterin die Kapelle „all jenen, die fern der Heimat ruhen“. Den Altar entwarf die Gründerin selber, ausgeführt wurde er von einem Wiener Bildhauer.

Jetzt ist die Zeit und Stunde da, wir reisen nach Amerika.
Der Wagen ist schon angespannt, wir reisen in das Freiheitsland.
 (Burgenländisches Auswandererlied)

 Frau Katharina Gartner wanderte schon Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Theresia nach Amerika aus und teilte das Schicksal so vieler Illmitzer.
Nach dem Ausgleich Österreich-Ungarns 1867 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Bauern und Landarbeiter immens. Vermehrte Missernten, die Austrocknung des Neusiedlersees, später die Reblauskrise und das trotz allem rigorose Eintreiben von Steuern und Abgaben trugen zur Verarmung bei. Vor allem waren es junge Burschen, die kein wirtschaftliches Weiterkommen sahen und auswanderten. Aber auch Mädchen mussten von zu Hause weg. Einige wurden ins Kloster gesteckt, andere aus kinderreichen Familien wurden zu schon früher ausgewanderten Verwandten nach Amerika geschickt. 1890 wanderten 270 Illmitzer aus. Innerhalb von 30 Jahren (1880 – 1910) waren es 985 Personen, die abwanderten, bei einer damaligen Einwohnerzahl von nicht ganz 1900.
Die Stifterin der Kapelle hat es wohl gut getroffen in Amerika und kam zu relativem Wohlstand. Sie lebte in St. Paul in Minnesota, wo es eine große, prosperierende Gemeinschaft von Auswanderern aus dem Burgenland gab. Ihre Schwester Resi heiratete dort und arbeitete als Hebamme. Sie selbst blieb ledig und betrieb ein gut gehendes Kaufhaus. Nach dem Tod ihres Schwagers zog sie zur Schwester und begann, für die Friedhofskapelle in Illmitz zu sammeln. Penibel listet sie in einem Brief von 1927 die Gelder von ihr und den Sammlungen auf, verwaltet wurden diese vom damaligen Illmitzer Richter Daniel Haider, einem Verwandten von ihr. Die Stifterin erzählte von einem Traum, in dem sie den Altar mit dem Heiligen Herz Jesu sah, der schlussendlich auch so verwirklicht wurde. Tief religiös begann sie Ihre Briefe, die noch im Original vorliegen, oft mit „Gelobt sei Jesus Christus!“ Sie wollte wieder zurück nach Illmitz, verstarb aber noch vor ihrer älteren Schwester an einem Schlaganfall.
Das Heimweh hat sie immer geplagt, mit der alten Friedhofskapelle und dem Altar blieb etwas von ihr in unserem Illmitz. „Und nichts nimmt der Mensch mit sich, als das gute Werk“, schrieb sie 1928.

Neues Friedhofskreuz und der breite Mittelgang, auf dem im hinteren Bereich die alte Kapelle stand.