Hubertuskapelle

Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz von Hans Kroiss.

Neben den Wegkreuzen zählen natürlich auch unsere Kapellen zu den sakralen Denkmälern.

Gleich nach der Angergasse am Weg Richtung Ried Geiselsteller, am Rande des Wäldchens der Oberillmitzer, steht die Hubertuskapelle.

Auf Betreiben des Obmannes der Jagdgesellschaft Illmitz I, Alois Steiner, und nach einer Idee des Architekten und Waidkameraden Johann Waba, wurde die Kapelle 1978 errichtet. Der schindelgedeckte Holzbau mit tragenden Leimbindern soll eine früher bei uns häufige Schilfhütte für Hirten und Weingartenhüter symbolisieren. Auf der hinteren Betonwand prangt das modern anmutende, gewaltige Bildnis des Heiligen Hubertus als Jäger bei der legendenumwobenen Erscheinung eines Hirschs mit dem leuchtenden Kreuz im Geweih.
In diesem Werk vom akademischen Maler Josef Michels aus Oggau, einem engen Freund des Mitinitiators Oberamtsrat Hermann Molnar, wird er mit all seinen mittelalterlichen Jagdutensilien dargestellt.

Hubertus von Lüttich (655 – 727 n.Chr.) war Pfalzgraf unter Theoderich III., später in Metz am Hof Pippins d. Mittleren. Nach dem Tod seiner Frau ging Hubertus als Einsiedler in die Ardennen und missionierte die dortige Bevölkerung, die noch einem heidnisch-römischen Kult der Diana (Göttin der Jagd) anhing. Wahrscheinlich deswegen firmierte Hubertus, der 705 Bischof von Maastricht und später von Lüttich wurde, Mitte des 15.Jhdts. zum Schutzpatron der Jäger. Denn die ihm angedichtete Hirschlegende geht eigentlich auf den Heiligen Eustachius († um 118 n. Chr.) zurück, der als herzloser Jäger beim Anblick eines prächtigen Hirsches mit einem Kreuz im Geweih zum christlichen Glauben bekehrt worden war und als Märtyrer starb. So kam es also, dass der wohltätige Hubertus, sicher kein Nimrod, zum Patron der waidgerechten Jäger und aller Tiere des Waldes wurde.

Mehr als interessant ist die Geschichte des Jagdwesens in Illmitz.
War im Feudalwesen der Habsburgermonarchie ausschließlich dem Adel als Grundherren das Jagdrecht zugestanden, so änderte sich das mit dem Revolutionsjahr 1848 und der folgenden Bauernbefreiung. Im Jagdpatent des jungen Kaisers Franz Josef (1849) wurde das Jagdrecht an den Grundbesitz der Bauern und Urbarialgemeinden gebunden. Dies war der Beginn der Eigenjagd und der Gemeinde- bzw. Genossenschaftsjagd. Allerdings war das Recht auf Ausübung der Jagd an einer zusammenhängenden Mindestgröße von 200 Joch Grundbesitz gekoppelt, was wieder den Adeligen und Großgrundbesitzern in die Hände spielte. 
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich (1921) wurde der Wildschaden in den Agrarfluren immer größer, zumal sich die Jagdherren wenig um Hege und gezielte Entnahme des Wildes kümmerten. Vor allem der große Niederwildbestand (Hasen) richtete in der  aufkeimenden Weingartenwirtschaft beträchtliche Schäden durch Verbiss in den Junganlagen an.
So nimmt es also nicht wunder, dass die Illmitzer das Jagdrecht auf ihren Gründen nicht mehr an potentielle Geldmagnaten verpachten wollten, sondern an eine sich formierende  hiesige Jägerschaft, die mit dem Wildbestand und den Sorgen der Bauern durchaus vertraut war. Es sollte eine sogenannte Bauernjagd etabliert werden.
Nach der leidvollen Nazizeit, in der Parteibonzen das Sagen hatten, dem Zweiten Weltkrieg und der russischen Besatzungszeit, in der wahllos abgeschossen wurde, war es soweit. Schon 1956 beschloss der illmitzer Gemeinderat als Vertreter aller Grundeigentümer, das gesamte Gemeindegebiet „an alle Jagdlustigen“ des Dorfes freihändig zu verpachten, da bereits eine Illmitzer Jagdgesellschaft (26 Mitglieder, Obmann war Andreas Haider, Angergasse 10) gegründet war. Allerdings wurde dies von der Landesregierung nicht genehmigt, und so musste zwingend öffentlich ausgeschrieben werden. Es kamen  daraufhin bis 1963 (die Jagdperiode betrug 6 Jahre) reiche Unternehmer zum Zug.
Zu den Auflagen des Pächters gehörte auch eine effiziente Abwehr der Stare, wozu er sich der illmitzer Jägerschaft bediente, die dafür auch jagen gehen durfte. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Ansuchen des damaligen Pächters an den Gemeinderat im Jahr 1960, in dem er die gesamte Hasenjagd an die illmitzer Jäger abtreten wolle, wenn er von der Zahlung der Wildschäden befreit würde. Darauf wurde natürlich nicht eingegangen, da der Wildschaden enorme Ausmaße angenommen hatte.  Weiters wurde bestimmt, dass der Pächter des gesamten Revieres (3.779 ha) 800 ha „Seen- und Sumpfgebiet“ dem österreichischen Naturschutz zu überlassen hat, wo die Jagd ruht.
Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 22. Juli 1962 war es dann so weit. Das gesamte Jagdrevier wurde mit der neuen Jagdperiode, beginnend mit dem 31.1.1963, der Illmitzer Jagdgenossenschaft um 30.000 Schilling verpachtet.
Nun schrieb aber das Jagdgesetz vor, ab einer gewissen Reviergröße einen oder mehrere Aufsichtsjäger als Berufsjäger anzustellen. Die Lösung bestand darin, das Gemeindegebiet von Illmitz in zwei Jagdreviere aufzuteilen, was hohe Kosten verhinderte. Dass es auch Streitereien innerhalb der illmitzer Jägerschaft gegeben  habe, ist wohl nicht ganz dem Jägerlatein zuzuschreiben.
Interessant ist die Namensgebung der beiden, 1975 entstandenen Jagdgesellschaften. Zum Jagdrevier I gehört das ganze Gebiet westlich der Bundesstraße nach Podersdorf und nördlich der Seezufahrt von Illmitz und ging an die „Rarern“. Bei der Aufteilung der potentiellen illmitzer Jagdpächter für beide Reviere hat ein Gründungsmitglied gemeint:“ Die rarern (besseren, wohl beleumundeten) Jäger  werden wir uns wohl aussuchen können!“

Das andere Revier II, östlich der Straße, inklusive Illmitzer Hof, und südlich der Seestraße,  ging an die „Pleskauer“, benannt nach einer nordwestrussischen Stadt (Pskow, Pleskow), die im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen Truppen besetzt war. Ein illmitzer Jäger war in Pleskau als Soldat stationiert und schwärmte bei jeder Gelegenheit von den schönen Frauen dieser Stadt. Er war Mitbegründer und übertrug durch seine Schwärmerei den Namen auf die ganze Gesellschaft.
1990, ein Jahr vor der nächsten Jagdperiode, konstituierte sich aus der Interessensgemeinschaft der Illmitzer Grundeigentümer ein vom Gemeinderat unabhängiger Jagdausschuss, der die Pachteinnahmen verwaltet und sich damit vor allem um den Bau und die Instandhaltung der Güterwege kümmert. Nicht verbrauchtes Geld wird an die Grundeigentümer aliquot ausbezahlt.
Die „Rarern“ bejagen, hegen und pflegen  2.100 ha, die „Pleskauer“ 2.300 ha.
Diese beiden Reviere gibt es bis heute, und sie werden von unseren illmitzer Jägern bestens betreut.

Zurück zu unserer Kapelle.
Die „Rarern“ brachten beim Bau viel an Eigenleistung ein. Für das Eisentor zum Beispiel hämmerten alle zusammen die Eicheln darstellenden Elemente selber. Was sie nicht selber machen oder beibringen konnten, bezahlten sie mit Jagdeinladungen oder mit Wein. Das Holz für die Leimbinder kam von einem Waidkameraden aus Mürzzuschlag, das Leimen kostete sie fünf  Fasane und eine Kiste Wein, die Holzschindeln für das Dach bekamen sie für zwei Jagdeinladungen, der Vorbau wurde vom Lagerhaus gesponsert, die Grundfeste bewerkstelligte Jagdkollege Altenthaler aus Wallern, der die Geräte stellte, mit denen die Jäger auch selber bauten.
Rund um den Hubertustag (3. November), nach der sogenannten Großen Jagd, wird jedes Jahr nach altem Brauch ein Dankgottesdienst mit beiden Jagdgesellschaften gefeiert.