Polenreise: Konzentrationslager Auschwitz – Vernichtungslager Auschwitz–Birkenau, Sr. Faustina- und Papst Johannes Paul II.- Zentrum, Tschenstochau.
Ein Bericht über eine Studien- und Pilgerreise
von Birgit Tschida, Ufergasse
Im Rahmen meines Studiums erarbeiteten wir das Fach Judentum in Auschwitz. Neben der üblichen Touristenführung bekamen wir auf vielfältige Weise tiefe detaillierte Einblicke in diese Grausamkeiten und das unbeschreibliche Leid.
Wir wohnten im Dialogzentrum unweit des Konzentrationslagers. Der Leiter dieses Zentrums ist ein deutschsprachiger Priester, der auch mit einigen Zeitzeugen Kontakt hat und uns Vorträge hielt .
Den Film „Schindlers Liste“ kennen sicher einige von euch. Der Film “Die Grauzone“ ist noch bedrückender, er zeigt die Zustände im so genannten Lager 2. Genauso wie im Film ist man mit den Menschen umgegangen. Sie wurden sofort bei Ankunft mit den Zügen ohne Verabschiedung getrennt: eine Reihe mit Frauen, Kindern und alten, nicht arbeitsfähigen Männern und eine Reihe mit gesunden, kräftigen Männern. Man sagte den Juden, sie würden nur für einige Zeit umgesiedelt und sie sollen ihre Koffer mit Namen beschriften, damit diese nicht verloren gehen. Dadurch untergruben die Machthaber Unruhe und Aufstände. Sofort wurden die Frauen, Kinder und gebrechlichen Männer zum „Duschen“ gebracht. Alles ausziehen, Schmuck, Prothesen, Brillen runter, Schuhe zusammenbinden, um diese nach der Reinigung gegen Ungeziefer und Krankheiten wieder zu finden. Sie nahmen das vorgetäuschte Angebot zum Duschen gerne an, viele sogar mit Freude, da nach dieser langen Fahrt und auch zum Schutz gegen Krankheiten und Infektionen endlich einmal die Möglichkeit zur Köperpflege gegeben war.
Hunderte wurden in einem großen Raum auf einmal vergast. Man hörte die Panik-Schreie in Todesangst. Die „Vergasung“ dauerte nicht, wie verbreitet, eine Minute, nein, meistens waren es acht bis zehn Minuten. Unvorstellbares und langes Leiden!
Die SS-Nazis waren perfekt organisiert, denn über 8.000 Menschen wurden täglich vergast. Die Verbrennungsöfen kamen da nicht nach und so wurden tausende Leichen auf einmal in einer Grube verbrannt. Es dauerte über 24 Stunden, überdeckt von einem unerträglichen Geruch.
Ganz kräftige Häftlinge kamen ins Sonderkommando und mussten diese Todesmaschinerie am Laufen halten. Sie bekamen mehr und besseres Essen, doch nach rund drei Monaten wurden auch sie vergast, um das Wissen über diese grausamen Verhältnisse nicht weiterzuverbreiten.
Insgesamt verloren rund 1,3 Millionen Menschen ihr Leben in Auschwitz und seinen Nebenlagern.
500 Gefangene mussten in einer Baracke mit Stockbetten schlafen, in einem Bett fünf Personen. Zu essen gab es für den ganzen Tag maximal eine Scheibe Brot und dreimal irgendeine Brühe. Die ganz schwer arbeiten mussten, bekamen ein kleines Stück Butter dazu – Fett für mehr Kraft. Viele starben an Hunger. Unvorstellbar für uns war auch die WC-Baracke. Es waren ca. 180 Löcher, wo sich die Häftlinge alle auf einmal hinsetzen mussten. Nur einmal in der Früh und einmal am Abend war es erlaubt, aufs WC zu gehen, und dies nur zu einer bestimmten Zeit. Viele hatten Durchfall und starben auch daran. Die Gefangenen, die diesen Kot ausräumen mussten, hatten noch eine verhältnismäßig gute Arbeit. Diese war zwar sehr geruchsintensiv, doch viel leichter, als schwere Steine zu tragen. Die Gefangenen trauten sich nicht zum Arzt zu gehen, denn wer dreimal krank war, wurde hingerichtet.
Wir waren auch bei der Gedenkstätte von Edith Stein und sahen die Todeszelle von Maximilian Kolbe, der für einen Familienvater in den Hungertod ging.
Der deutschsprachige Priester aus dem Dialogzentrum hat eigens für Ausschwitz einen Kreuzweg geschrieben. Diese Kreuzwegstationen sind über das ganze Lager in Birkenau verteilt und wir lasen, beteten und gedachten dabei auch den so vielen ermordeten Opfern. Allen, auch den Männern, rannen die Tränen runter, und das Lesen fiel uns sehr schwer. So berührend, bewegend und unfassbar war dieses Ereignis.
Zum Abschluss feierten wir die Heilige Messe in der Kirche gleich neben dem Vernichtungslager Birkenau. In dieser Kirche wird das Kreuz umrahmt von Betonstehern aus dem Lager, welche mit Stacheldraht umwickelt sind. Am Kreuz befindet sich eine Dornenkrone aus Stacheldraht. Darüber steht (übersetzt): Golgotha unserer Zeit!
Wenn ich die Bitten des Vaterunsers genau betrachte, dann würde ich sagen: Das Vaterunser ist ein Gebet, das im Konzentrationslager entstanden sein könnte.
Um diese extrem intensive Studientage in Auschwitz zu verarbeiten, verbrachten wir dann noch einige Tage in Krakau. Eine wunderschöne und saubere Stadt. Das polnische Volk ist sehr gläubig und wir durften viele Heiligtümer sehen.
Herausgreifen möchte ich das große Papst Johannes Paul II.-Zentrum und das Sr. Faustina-Zentrum. In der Mitte eine riesige moderne, aber sehr ästhetische Kirche, in der tausende Menschen Platz finden. Daneben die Klosterkapelle der Kongregation der “Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit” mit einem großen Gnadenbild des Barmherzigen Jesus und darunter ein kleiner weißer Marmorsarg mit den Reliquien von Sr. Faustina. Die Gläubigen stehen Schlange, um sich davor hinzuknien, zu beten, Sr. Faustina und den Barmherzigen Jesus zu verehren.
Die neue, sehr prunkvolle Kirche von Papst Johannes Paul II. hat mir ganz besonders gefallen. Sie ist hell, hoch, großzügig und viele Szenen stellen das Leben Jesu in prächtigen, großen, bunten und sehr eleganten Mosaiken dar. Dort sieht man auch die blutverschmierte Soutane vom Attentat auf den hl. Vater im Jahr 1981.
Neun Tage dauerte unsere Studienreise und ich bin sehr dankbar, dass ich all dies erleben durfte. Einige Bilder sollen das dokumentieren. Es war ein Herzenswunsch von mir, über Tschenstochau heimzufahren und die “Schwarze Madonna” zu besuchen. Ein breiter, gepflegter Weg führt in das abgeschlossene Heiligtum. Fahnen aus aller Welt begrüßen die Pilger. Sie symbolisieren Willkommensein in Einheit. Viele Kapellen und eine große Kirche sind vor Ort. Wir hatten das Glück, bei einer Bischofsmesse dabei sein zu dürfen – und das an einem Montag! Es ist unfassbar, wie viele Jugendliche und junge Priester anwesend waren, laut singend und betend. Bis zum Altar war jeder Platz in den Bänken und auf dem Fußboden gefüllt. Berührt hat mich auch ein junges Ehepaar in Brautkleidung, das extra gekommen war, um diesen besonderen Segen zu erhalten. Die Polen tragen die Freude an ihrem Glauben nach außen.
Danach war ich schon auf die Gnadenkapelle zur “Schwarzen Madonna” gespannt. Vor dem Altar ein Gitter, wo die Verehrung, Anbetung und Danksagung der Pilger kniend stattfindet. Auch schwerkranke Menschen mit Krücken knieten sich mit Hilfe anderer nieder. Dann der große Moment – sich anstellen für den Eintritt zum Altar. Auf den Knien bewegt man sich langsam und betend zum Bild der schwarzen Madonna hin. Sie glänzt mich an – welch ein Augenblick!
Liebe Pfarrgemeinde Ich habe euch ALLE im Gebet bei Sr. Faustina und Papst Johannes Paul II. eingeschlossen. Ganz besonders aber habe ich unsere Kranken der Muttergottes in Tschenstochau ans Herz gelegt.