Aus der Schriftenreihe zur Geschichte der Marterl in Illmitz von Hans Kroiss.
Neben den Wegkreuzen zählen natürlich auch unsere Kapellen zu den sakralen Denkmälern.
„ Mit Ende des Jahres 1830 erschien der Schall einer ganz unbekannten Krankheit, welche von Asien überbracht wurde, diese Krankheit wurde Cholera Aburtus betittel.. Gleich nach Ausbruch dieses Uibels in unseren Vaterland haben die Landstände um die Verbreitung dieses zu Verhütten alle möglichen Vorkehrungen Veranstaltet. So wurden ganze Comitate gespert, die befallenen Gegenden wurden dann mit einem Militär Corton eingeschlossen… Alles war voll Schrecken, die gestorben sind haben sie auf einem Garm in Freydhof geführt, in eine Grube zusam geworfen, wo jeden Abend der Prister dieselben Eingesegnet hat.“ (Originale Diktion eines Chronisten aus Mattersdorf.)Auch unser Illmitz wurde von der Choleraepidemie schwer getroffen, und zwar gleich in mehreren Wellen.
1831 starben 156 Illmitzer, 186 Personen im Jahre 1849,
1855 verzeichnete man 111 Choleratote. Am Kirchtag dieses Jahres wurde das Zügenglöcklein zum Anzeigen eines Todesfalles so oft geläutet, dass der Richter alle Tanzunterhaltungen verbieten musste.Nach diesem grausamen Wüten der Cholera wurde 1855 die Kapelle an der Kreuzung Söldnergasse – Rosaliagasse – Florianigasse errichtet. Sie wurde als eher einfaches, bäuerliches Bauwerk beschrieben, mit einem hohen Satteldach und einem Spitzgiebel. In der schmalen Nische über dem Eingang stand eine Figur des Heiligen Florian. Im Inneren befand sich ein großes Bild der Heiligen Rosalia, nach der die Kapelle auch ursprünglich benannt war. Die Schutzheilige gegen Seuchen war rosenbekränzt in einer Grotte kniend vor einem Kreuz, neben dem ein Totenschädel lag, dargestellt.
Ein fast identes Bild ist auf einer heute noch existierenden Prozessionsfahne aus Illmitz zu sehen, leider schon sehr verwittert. Das Bildnis der Hl. Rosalia wurde bei einem Innenbrand der Kapelle in der Zeit des Wirkens von Pfarrer Stefan Berger (1959 – 1975) ein Raub der Flammen. Pfarrer Berger mokierte sich über das neue Gemälde nach der Restaurierung, weil die Heilige mit einem schmutzigen Gesicht dargestellt war. Der damalige Künstler meinte, Rosalia lebte laut Legende in einer Grotte und ernährte sich von dem dortigen Getier und Erde. Deshalb also das wenig schmeichelhafte Aussehen.
Die Heilige Rosalia lebte im 12. Jahrhundert als Tochter eines Grafen auf Sizilien. Als junges Mädchen wollte sie einer eingefädelten Hochzeit (damals unter Adeligen durchaus üblich) nicht zustimmen und zog sich immer mehr zurück. Nach einem Aufstand gegen den König, bei dem auch ihr Vater beteiligt war, wurde die Familie enteignet, Rosalia weihte ihr Leben nun ganz Gott und lebte fortan in einer Höhle, wo sie auch starb. Die Heiligenverehrung wurde 1625 wiederbelebt, als zwei Eremiten ihren unversehrten Leichnam entdeckten, der während einer Pestepidemie nach Palermo überführt wurde. Die Seuche verschwand schlagartig. Seither gilt sie als „Pestheilige“ und Schutzpatronin gegen alle Seuchen.
Nass und baufällig, wurde die Illmitzer Rosaliakapelle 1976 abgerissen und durch ein modernes Bauwerk ersetzt. Mittlerweile wurde die Kapelle wegen der Heiligenfigur im Giebel auch Florianikapelle genannt. Außerdem findet seit langem jedes Jahr zu Floriani eine Prozession mit der Freiwilligen Feuerwehr zu dieser Kapelle statt.
Auch im neuen Sakralbau ist die bunt bemalte Figur des Heiligen Florian in der exponierten Tragsäule integriert. Vor dem Flügelaltar steht ebenfalls eine Skulptur des Heiligen.
Das moderne, monumentale Triptychon des akademischen Malers Josef Michels aus Oggau im Innenraum zeigt gemäß der ursprünglichen Widmung die Heilige Rosalia mit allen ihr zugeschriebenen Attributen. Im großen Mittelbild sitzt sie in einer Grotte mit einem Kranz aus roten Rosen. Der linke Seitenflügel zeigt sie unter einem gotischen Bogen im gräflichen Palast mit offenen Haaren, die die Jungfräulichkeit symbolisieren sollen. Im rechten Teil steht sie betend vor einem Kreuz, darunter ein Totenschädel, der auf die Gräuel der Pestzeit hinweist.
Heute, in der österlichen Zeit des Jahres 2020, ist die Illmitzer Rosaliakapelle aktueller denn je. Das neuartige Corona Virus löste eine Pandemie aus und hält die Menschheit nach wie vor fest im Griff, mit unzähligen Infizierten und vielen Toten auf der ganzen Welt.
„… hernach das De Dum Laudamus angestimet“ (Te Deum Laudamus), schreibt der Chronist nach der letzten Choleraepidemie. Mögen auch wir auf die Fürsprache der Heiligen Rosalia bald diese Krise überstanden haben und ein Loblied anstimmen dürfen.
Vere Christus surrexit!